LUXUS VON GESTERN

IST DAS LEBEN ZU EINFACH GEWORDEN? ODER ANDERS GEFRAGT: FÜHREN GEWOHNHEITEN WIE DIE BENÜTZUNG DES AUTOS SELBST FÜR KURZE STRECKEN, EINKAUFEN IM INTERNET, ALL-INCLUSIVE-FERIENWOCHEN ODER DIE WAHRNEHMUNG DER WELT DURCHS FERNSEHEN WIRKLICH ZU MEHR LEBENSQUALITÄT? WENN MAN DEN TREND ZUM SELBERMACHEN BEOBACHTET, EHER NEIN.

Früher war es alltäglich, Lebensmittel selbst herzustellen. Beim Bauern wurde einmal in der Woche Brot gebacken und zwar so, dass es nach ein paar Tagen immer noch hervorragend schmeckte. Es wurde eingekocht, gepresst, gekeltert und gebrannt. Marmeladen und Kompotte, liebevoll cellophaniert und beschriftet, standen als stete Objekte der Begierde oben auf der Kredenz, in der Speisekammer oder im Keller – von der Mutter des Hauses streng bewacht.

Mit der Industrialisierung der Lebensmittelproduktion und dem üppigen Angebot aus aller Welt im Supermarkt haben sich die Lebens- und Essgewohnheiten verändert. Ein Glas Pesto ist natürlich schneller gekauft als selbst gemacht. Ein Brot ist rascher besorgt als selbst gebacken. Das hat die Arbeitsabläufe in der Küche wohl beschleunigt, aber eines ist dabei oft auf der Strecke geblieben: der Geschmack. Denn selbst das beste Pesto aus italienischer Massenfertigung kommt nicht an ein frisches selbst gemachtes heran. Zu schnell verflüchtigen sich die Aromen, zu viele Konservierungsstoffe sind zur Haltbarmachung nach EU-Recht notwendig. Und wer selber kocht, weiß auch ganz genau, was hineinkommt. Frisches Basilikum, feinstes Olivenöl, Pinienkerne und duftende Gewürze. Auch die aufwändige Herstellung von Nudeln erscheint angesichts der Fülle an bunten Päckchen im Supermarktregal ein wenig antiquiert und mühevoll. Aber das Ergebnis lohnt den Aufwand. Auch das Erlebnis des ersten Bisses in ein selbst gebackenes Brot, das man durch Zugabe von verschiedenen Nüssen oder Gewürzen in fast unendlicher Vielfalt variieren kann, ist unvergleichlich. Und der Duft schafft eine Atmosphäre von Geborgenheit.

Immer mehr Genießer ziehen es heute vor, Lebensmittel selbst zu machen oder sie dort zu kaufen, wo sie in Handarbeit entstehen. Das Etikett „selbst gemacht“ ist eine Auszeichnung und der Beleg für die liebevolle Auseinandersetzung mit Zutaten und Rezepten. Es ist nicht schwer, Brot zu backen, Nudeln zu ziehen oder ein himmlisches Pesto zu kreieren. Die Last der Handarbeit wird vom Luxus echten, ehrlichen Geschmacks und bester Qualität belohnt.