ORIGINAL VERPACKUNG

NAHE DEN SÜDLICHEN UND SÜDWESTLICHEN KÜSTEN EUROPAS WACHSEN DICKSTÄMMIGE, EIN WENIG UNTERSETZTE BÄUME MIT KNORRIGEN, UNREGELMÄSSIGEN KRONEN. MAN BRAUCHT KEIN BOTANIKER ZU SEIN, UM ZU ERKENNEN, DASS ES SICH UM KORKEICHEN HANDELT.

Original Verpackung. Beste Zutaten sind die Quelle des guten Geschmacks. Ihn zu bewahren, ist eine akribische Kunst.

Bei vielen dieser Bäume wurde die äußere graubraune, rissige Rinde abgeschält, wodurch eine weichere Schicht zu Tage tritt, die der Farbe rötlicher Tonerde gleicht. Ohne die Bäume in Mitleidenschaft zu ziehen, reift diese Schicht immer wieder aufs Neue zu Kork heran, der dann kostbaren Wein in die Flaschen schließt. Die Zeremonie, diesen Kork bei Tisch aus dem Flaschenhals zu ziehen, steigerte über Jahrhunderte die Vorfreude auf den Trinkgenuss, die im abschließenden „Plopp“ die Erlösung fand. Den Vorgang, der mit allerlei kunstvollen Verrenkungen und eleganten Gesten von erfahrenen Oberkellnern und ambitionierten Privatiers zur Blüte gebracht wurde, kann man mit dem kundigen Filetieren von Fisch, dem Aufbrechen von Austernschalen und Hummerpanzern oder dem kunstsinnigen Präparieren und Anheizen von edlen Zigarren vergleichen. Und er dient schließlich auch dazu, den Moment des Genusses ein paar köstliche Minuten zu verzögern. Mit dem Aufkommen simpler Drehverschlüsse, die mit einem schnöden, raschen Handgriff entfernt werden, scheint diese „Kultur“ unterzugehen. Dabei hat sich der Naturkork als idealer Verschluss erwiesen, seit der französische Benediktinermönch Dom Pierre Pérignon Ende des 17. Jahrhunderts ein Stück Rinde in einen Flaschenhals trieb. Durch den Kork kann der Wein atmen, gerade so viel, wie er zur weiteren Reifung braucht, ohne vor der Zeit zu altern. Und lassen wir einmal die Kronenkorken auf den Doppelliterflaschen außer Acht, kam über die Jahrhunderte nichts anderes auf die Flaschen als der Naturkork. Trotz aller Vorteile ist er aber nicht ganz frei von Nachteilen. Erstens der Preis. Ein Kunststoffstöpsel kostet 15 Cent, ein Schraubverschluss 10 Cent, der edle Kork aber zwischen 20 Cent und 1 Euro. Und zweitens, was noch teurer kommt, ist die Eigenschaft des Korks, Trichloranisol (TCA) abzusondern, ein Abbauprodukt von Mikroorganismen. Dieser Stoff ist in Ausnahmefällen dafür verantwortlich, dass dem Connaisseur statt der erwarteten frischen Zitrusdüfte, der Karamell- oder Zimtnoten ein muffiger Kelleratem entgegenschlägt, der die Freude am Getränk gänzlich trübt. Wir rufen dann nicht aus: „Oh, da ist Trichloranisol im Glas!“, sondern sagen (nachdem wir uns mit der Tischgesellschaft beraten haben): „Der Wein stoppelt.“ Jedenfalls nagt diese Feststellung am Ruf des Weinguts, und der 170-Euro-Tropfen gurgelt in den Abfluss. Je nach Güte des verwendeten Korks und unabhängig von der übrigen Sorgfalt des Winzers schlägt der Muff bei 5 bis 20 Prozent des Weines zu. Das ist naturgegeben. Einfach Schicksal. Man bemüht sich zwar, durch Sauberkeit in der Verarbeitung und ein Dampfverfahren den Großteil von TCA herauszudestillieren oder einen dünnen Filter als Paravent zwischen Wein und TCA aufzutragen. Aber ganz kann man dem Kork diese düstere Angewohnheit nicht austreiben. Deshalb hat sich die Branche dem Plastikpfropfen und dem Drehverschluss zugewandt. Bis hinauf zu den Spitzenweingütern. Da schießen vielen Traditionalisten die Tränen in die Augen, was noch verschmerzbar wäre. Aber mit der gedrosselten Korkproduktion drohen auch die Korkwälder in Portugal, Spanien, Frankreich, Italien, Algerien und Tunesien unterzugehen und mit ihnen seltene Tier- und Pflanzenarten. Weil die Bäume dann nutzlos wären und sich die Landwirtschaft des Bodens bemächtigen würde.

Allein die portugiesischen Korkwälder lagern jährlich rund 5 Millionen Tonnen Kohlendioxid ein und neutralisieren es dadurch. Bei der Herstellung entstehen keine Abfallprodukte, und der Kork ist komplett recyclebar. Letztlich aber scheint die Vernunft zu siegen, die Besinnung auf die feine Lebensart und den Umstand, dass der Naturkork die beste Klimabilanz aufweist.

Seit einiger Zeit kann man den Neuburger auch im Selbstbedienungsregal entdecken. Fein aufgeschnitten präsentiert er sich appetitlich in einer speziellen Verpackung, die dafür sorgt, dass sein einzigartiger Geschmack bis zum Genuss erhalten bleibt. Das war früher nicht möglich, weil die Technik für Kühlregalverpackungen zu wenig ausgereift war, um den unvergleichlichen Neuburger Charakter zu bewahren. Trotzdem gibt sich Hermann Neuburger samt seinem Team auch mit den modernen Verpackungsstandards nicht zufrieden, sondern lässt viel größere Sorgfalt walten. Alles, um den Geschmack unverfälscht und die Backofenfrische lange zu erhalten. Die Abteilung „Schneiden und Verpacken“ ähnelt einem High-Tech-Labor, wo eigens geschulte Mitarbeiter in keimfreier Schutzkleidung ihrer Tätigkeit nachgehen. Mit ihren Hygieneoveralls, dem Haarnetz plus zusätzlicher Kopfbedeckung, dem Mundschutz, den Handschuhen und speziellen Schuhen, die nur im Reinraum getragen werden dürfen, sehen sie aus wie NASA-Ingenieure, die hier in Ulrichsberg, statt Raumkapseln zu montieren, den Neuburger verpacken. Zusätzlich wachen Entkeimungs-, Filter- und Luftentfeuchtungsanlagen peinlich genau darüber, dass in dem trockenen Klima nicht das geringste Bakterienwachstum möglich ist. Im Raum herrscht leichter Überdruck, der verhindert, dass durch die Hygieneschleusen Außenluft eindringen kann. Trotz der Handschuhe werden die Hände in kurzen Zeitintervallen gewaschen und desinfiziert. Das Klima wird permanent aufgezeichnet und beobachtet, während die hauseigenen Qualitätsbeauftragten durch mikrobiologische Kontrollen das gesamte Umfeld auf perfekte Reinheit überprüfen. In diesem von der Umwelt keimfrei abgeschlossenen Raum wird der Neuburger in hauchdünne Blätter geschnitten, bevor er – in die Frischeschutzverpackung gehüllt – die Reise zu den Supermärkten antritt. Und das alles, damit das Feine bewahrt bleibt und der Neuburger aus Ihrem Kühlschrank nach einigen Minuten Rast bei Zimmertemperatur seinen vollen Geschmack entfalten kann.