ORIGINAL UND FÄLSCHUNG

DIE HERSTELLER VON IMITATEN UND FÄLSCHUNGEN KOPIEREN DAS BESTE AUFS BILLIGSTE. NATÜRLICH SCHEPPERT DANN DAS METALLUHRBAND, DER SEKUNDENZEIGER ZERHACKT RUCKELND DIE MINUTE, ANSTATT GESCHMEIDIG IN EINER BEWEGUNG DIE RUNDE ZU MACHEN. UND STEHT DA NICHT „ROLLEX“ UNTER DEM LOGOKRÖNCHEN? ABER SONST… ALSO, SO VON WEITEM…

NACHAHMER VERGREIFEN SICH NUR AM ERFOLGREICHEN MODELL.

Während diese „Rollex“, die man am Strand für 20 Dollar wohlfeil erstanden hat, vermutlich nach ein paar Wochen nicht mehr richtig tickt und zum Alteisen wandern wird, hält die echte Rolex für 2000 Dollar aufwärts ihre Präzision und ihren Wert als Erbstück über Generationen. Klar wäre es vernünftiger, die echte Rolex zu kaufen, doch diese Einsicht muss man sich erst leisten können. Können sich aber die meisten nicht. Damit zumindest ein Abglanz des reichen Lebens auch bescheidene Hütten erhellt, greift man eben zu Nachbildungen, und die Welt wird überschwemmt mit Imitaten von Lacoste, Louis Vuitton, Hermès, Hilfiger, Nike, adidas, Puma, Polo, Ralph Lauren, Gucci … Diese Plagiate sind selbstverständlich nicht einmal einen Bruchteil der Originale wert. Aber sie werden gekauft. Um sich selbst oder seine Umgebung hinters Licht zu führen. Oder, wenn der Schwindel auffliegt, immerhin lachend auf den Thailandurlaub verweisen zu können, von dem dieses typische Souvenir stammt. So lustig ist das aber nicht. Die internationale Produktpiraterie kostet die Wirtschaft laut Schätzungen der „World Customs Organization“ jährlich 500 bis 600 Milliarden Dollar. Die Hersteller von Fälschungen machen sich in kürzester Zeit und mit billigsten Mitteln (wozu auch katastrophale Arbeitsbedingungen in den einschlägigen Fabriken zählen) das Kapital zu eigen, das die Markenindustrie mit Forschung und Entwicklung, mit langjähriger Tradition, Handwerkskunst, Patenten und Marketing aufgebaut hat. Und sie vermeiden die Produkt-Flops, die den Herstellern manchmal unterlaufen. Sie dehnen ihre Aktivitäten auf Maschinen, Maschinenbau und Ersatzteile, auf Druckerfarben, auf Handys, Computer, Festplatten, Akkus und sogar auf Autos aus. Chinesische Modelle sehen den europäischen oder amerikanischen Originalen oft verblüffend ähnlich und werden schamlos stolz auf internationalen Automessen präsentiert. In Italien wurde eine Werkstätte ausgehoben, die Ferraris so detailgetreu nachbaute, dass man die Unterschiede mit der Lupe suchen musste. Mit dem Kauf all dieser Billigprodukte bezahlen die Konsumenten letztlich teures Geld, was noch verschmerzbar ist. Gemeingefährlich wird es, wenn gefälschte Kosmetika, Sonnenschutzmittel (ohne seriösen Schutz) oder pharmazeutische Produkte in Umlauf kommen. Womit man den günstigen Einkauf dann bezahlt, muss wohl nicht eigens erwähnt werden.

Auch wenn die Globalisierung, schnelle Handelswege, lasche Gesetze in den Herstellerländern, machtlose Urheberrechts- und Zollbestimmungen, das Internet und letztlich die enorme Nachfrage ein blühendes Fälschungsgeschäft ermöglichen, ist diese Erscheinung nicht neu. Man fand Nachbauten von Qualitätsschwertern aus der Wikingerschmiede des berühmten Ulfberht aus viel weicherem Eisen als das Original, die gar prächtig aussahen, aber den kleinen Nachteil hatten, beim ersten Gefechtsschlag zu zersplittern, und so die Schwertführer in eine lebensbedrohliche Lage brachten. Was im Mittelalter für die Gesundheit so schlecht war wie die nachgemachten Medikamente von heute. Es wurde also immer schon gefälscht, was das Zeug hielt: Kunsthandwerk, Gemälde, Gebrauchsgegenstände, Schmuck. Aber nie so umfassend und dreist wie zu unserer Zeit, wo das Scheinbare triumphiert und der Inhalt bedeutungslos ist. Die Schnäppchenjägerei wurde zu einer Massenbewegung, die aufgepeitscht von „Billiger, billiger, billiger“-Rufen kleinste Preise einfordert und eine Diskontitis in Gang setzt, wo wahre Qualität keinen Platz hat. Eine Geisteshaltung wird hier verfestigt, die sich über die Produkte auf weite Teile des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens ausbreitet. Die Devise „Schneller, einfacher, billiger“ dominiert Presse, Radio und Fernsehen mit einfachsten, kurzen Texten, mit seichtem Witz, mit unerträglichen Reality-Shows, wo falsche Originale stupide Handlungen setzen und der als Star gefeiert wird, der spektakulär am Singen oder Tanzen scheitert. Wo Adabeis und C-, D-, E-, F-Prominenz das Sagen haben, sich alles in Wiederholungen des eigenen oder der Kopie fremden Schwachsinns totläuft und jede Bemühung auf das äußerste Minimum reduziert wird.

Aber auch der trickreiche Zeitgeist der Kopie wird seinen Zenit überschreiten. Die Rückbesinnung auf echte Werte, handwerkliche Exzellenz und gutes Design gewinnt für die Menschen wieder an Bedeutung. Und deshalb sind wir überzeugt, dass Hersteller, die mit ihren Ideen den Menschen Wertvolles anbieten und Produkte in höchster Qualität erzeugen, Zukunft haben. Das Original wird bleiben, die Kopie vergehen.