DAS GELBE VOM EI

DER WEG EINES GERICHTES IN DIE ENDVERKOSTUNG FÜR DIE ORIGINAL NEUBURGER REZEPTE IST KEIN SPAZIERGANG. NUR DIE BESTEN ELF SCHAFFEN ES, ALS ORIGINAL AUSGEZEICHNET ZU WERDEN. CHRONIK EINES KULINARISCHEN WETTKAMPFES.

Jedes Rezept wird unzählige Male verkostet und verfeinert, bevor es in den Olymp der Neuburger Rezepte aufgenommen wird.

Ein letztes Mal schaut sich der Neuburger um auf dem Teller. Das Ei neben ihm zittert leicht in seinem Spinatmantel. Meine Güte, es wird doch nicht zu kalt sein, denkt der Neuburger und beobachtet den Dampf, der vom Teller aufsteigt. Alles, wie es sein sollte. Trotzdem schmiegt er sich etwas enger ans Spinat-Ei, ein bisschen Zuwendung kann ihm nicht schaden, so aufgeregt, wie es ist. Aber bitte, ist auch nicht irgendwas, dieses Finale. Ein Rezept, das es bis in die Endverkostung geschafft hat, ist gut. So gut, dass es Chancen hat, durch die Aufnahme ins Magazin geadelt zu werden. Fünfzig Rezepte treten an, um dieses Ziel zu erreichen. Sechzehn kommen in die Endverkostung. Und elf dann ins Magazin. Eines davon ist der Neuburger mit pochiertem Ei im Spinatmantel, das gerade so nervös ist. Geboren ist das Rezept in Wien, seine Vorfahren stammen aus gutem Hause. So ein Stammbaum ist Pflicht, wenn man ins Neuburger Magazin will. Aber die Herkunft ist nicht alles. Da braucht es noch etwas, das aus dem Althergebrachten etwas Frisches macht. Etwas, das bei Omas Auffassung von nahrhaftem Essen noch kein besonderes Thema war. Heute muss Essen nicht nur ausreichend und schmackhaft, sondern auch gesund, ausgewogen, bekömmlich, leicht und kalorienarm sein. Und dann bleibt immer noch die Frage, wie sich die Zutaten mit dem Neuburger verstehen. Ob Harmonie auf dem Teller herrscht und sich die Ingredienzen der kulinarischen Kombination so ergänzen, dass sie ein mundgerechtes Ganzes ergeben. Das Beiwerk dazu darf nicht zu weit hergeholt sein. Bekommt man es nicht im nächsten Supermarkt, ist das Rezept schon aus dem Rennen und das Finale vergeigt. Auch die Zubereitung darf nicht kompliziert sein. Jeder muss die Rezepte nachkochen können, ob er nun einen kleinen Bocuse in sich trägt oder in seiner Küche bisher nur den Toaster bedienen konnte. Wer immer das Gericht serviert bekommt, muss nach dem letzten Bissen ein Kompliment auf den Lippen haben. Dass das die schwierigste Übung darstellt, ist dem Neuburger mit pochiertem Ei im Spinatmantel natürlich klar. Deswegen zittert es ja so, das Ei, jetzt im Endspurt. Ins Finale schaffen es ausschließlich Originale. Einzigartige, unverwechselbare Gerichte. Macht euch keine Sorgen, flüstert der Neuburger dem Ei und dem Spinat zu. Vertraut denen, die uns gemacht haben, die wissen schon, was sie tun. Gemeint sind Hermann Neuburger, sein Geschäftsführer Franz Rohringer und Andreas Schein, zuständig für die Qualität im Hause Neuburger. Alles gelernte Köche, die ihre Ansprüche immer noch einen Gang höher schrauben. Sie haben sich auch heuer wieder Verstärkung ins Gourmet-Team geholt. Zum Beispiel Nathalie Pernstich, von der das Rezept Neuburger mit pochiertem Ei im Spinatmantel stammt. Frau Pernstich ist Köchin aus Leidenschaft. Sie ist die Gründerin von Babette’s – Spice & Books for Cooks, einer Kochbuchhandlung mit Restaurant im vierten Wiener Gemeindebezirk. Ihre Rezepte sind innovativ, die Zubereitung ist unkompliziert. Fein abgestimmte Kräuter und Gewürze verleihen jedem Gericht das gewisse Etwas.

Neuburgers Beruhigungsstrategie hat geholfen. Das Ei im Spinatmantel ist sicher, das Gelbe vom Ei zu sein. Bis ihm ein anderer Name einfällt: Irene Weinfurter, Bio-Köchin mit Leib und Seele. Sie ist aus der Slow-Food-Gegend zum Neuburger-Team gestoßen und hat zum Beispiel das Rouladen-Rezept und den Antipasti-Teller mit frisch eingelegtem Gemüse kreiert. Das Ei im Spinatmantel fröstelt gleich wieder. Doch für mehr Aufregung ist keine Zeit mehr. Messer und Gabel schweben über dem Teller, ein Mund öffnet sich. Einen Augenblick ist es ganz still am Tisch, dann nimmt jemand die Serviette und nickt, die anderen Jury-Mitglieder lächeln bestätigend. Der Neuburger mit pochiertem Ei im Spinatmantel hat die Prüfung bestanden.